dissoziative, nicht epileptische Krampfanfälle


Nachdem ich ja bereits am Wochenende mal wieder filmreif (Exorzist und so) gekrampft hatte, und das auch noch vor fremden Menschen, werd ich euch auch von diesem Mal berichten. Lasst euch nicht täuschen, mir ist dieses Thema schrecklich unangenehm, besonders dann wenn mich Leute in so einem Zustand sehen.

Der Kreis von Personen, die mich bereits krampfen gesehen haben, steigt (leider) derzeit rapide an. Gerade gestern hatte ich beim Training wieder einen Anfall. Medizinische Diagnose: dissoziativer, nicht epileptischer Krampfanfall. Die Diagnose weiß ich allerdings schon länger.

 

Nun, wie kam es dazu?

Einmal pro Woche hab ich nun bei James und Roland eine Art Selbstverteidigungstraining. Es ist eine tolle Mischung um meinen Körper wieder fit zu bekommen, Techniken zu lernen und so anstrengend es ist, es macht auch Spaß. Wie immer hatte ich Ylvi mit und sogar Max begleitete mich. Der konnte allerdings nur zuschauen, weil er ja einen Gips hat.

IMG_20160203_212042Wir starteten wie immer mit einer Runde Aufwärmübungen. Ich fing an zu schwitzen, doch das sollte beim aufwärmen ja so sein. Im Anschluss gingen wir noch ein paar Techniken durch, die wir beim letzten mal geübt hatten. Bereits hier musste Ylvi etwas gemerkt haben, denn sie kam schwanzwedelnd auf mich zu und fing an mich abzuschlecken. Doch ich dachte mir: „Es geht mir ja gut!“, und brauchte sie auf ihren Platz zurück. Wir übten gerade einen Griff, bei dem man viel Körperkontakt hatte und schon stand Ylvi wieder bei mir. So ging das weiter. Erst beim 3. oder 4. mal merkte ich, dass es mir doch nicht so ganz gut ging. Mir fiel auf, dass ich nicht mehr alles so genau sah, es war wie ein leichter Schleier über allem. Also ging ich mit Ylvi raus und setze mich vor der Tür auf den Boden.

Ylvi schleckte mir Arme und das Gesicht und dann kam wie eine Welle so ein komisches Gefühl, das ich aber nicht genau benennen kann.  Gut ging es mir mal nicht, und irgendwie tränten dann auch die Augen. Ich setzte meine Atemtechnik ein um mich etwas zu beruhigen und zu versuchte den Nebel zu vertreiben. Erst als mich Ylvi mehrfach anstubste kam mir der Gedanke das Duftöl zu verwenden. Nachdem der Rollon nichts brachte, setzte ich das stärker Duföl ein. Obwohl Ylvi diese nicht gern mag – weil es sehr intensiv riecht – kringelte sie sich in einem Schoß ein. So hatte ich ihr Gewicht auf meinen Beinen und es half mir mich zu erden und meinen Körper wieder ein bischen besser zu spüren. Als der Nebel weg war, ging ich mit Ylvi wieder nach drinnen und trainierte weiter.

Ylvi schien wohl nach wie vor der Meinung zu sein, dass es mir eben nicht gut geht, denn alle 5 Minuten kam sie zu mir, wollte mich abschlecken und ich brachte sie auf ihre Decke zurück. Insgeheim ärgerte ich mich ein wenig. Schließlich war ich ja der Ansicht, dass es mir wieder besser ging und alles so weit okay ist. Ich fing schon an zu überlegen was sie denn sonst haben könnte. Also, ob sie zb mal raus müsse, weil die Blase drückt. Doch das konnte nicht sein, wir waren ja zuvor eine große Runde spazieren und dort hatte sie auch ihr Geschäft erledigt. Zudem war sie auf dem Weg zum Training auch noch mal für kleine Königstiger. Gut, das hatte ich also ausgeschlossen. Vielleicht nervt sie ja, weil sie Hunger hat? Hm. Wir hatten Leckerlisuchspiele gemacht und einen kleinen Kauknochen hatte sie auch bereits gehabt. Abendessen würde es erst hinterher geben. Aber das konnte auch nicht der Grund sein, weil bei den Trainings zuvor hatte sie auch nichts zum fressen bekommen und war dennoch liegen geblieben… Ganz neu war die Situation also auch nicht für sie. Gut, was sie noch lernen musste ist, dass ich hier beim Training auch engen Körperkontakt zu fremden Menschen habe und sie trotzdem nicht blocken muss. Aber das ist wohl ein Prozess und wird immer besser werden.

Wir übten gerade wie man richtig hinfällt. Ich saß am Boden und schaute Roland zu als er etwas demonstrierte. Aus dem Augenwinkel sah ich Ylvi (schon wieder) zu mir kommen, aber da wurde auch schon alles schwarz. Mist!

Ich dürfte ziemlich bald wieder zu Bewusstsein gekommen sein, denn ich spürte die Krämpfe und bekam mit, dass Ylvi mich intensiv absschleckte. Auch Max war da und versuchte mich mit unserem üblichen Vorgehen aus den Anfällen zu holen. Doch so recht wollte es nicht funktionieren und je mehr ich gegen diesen Zustand ankämpfte umso öfter und heftiger krampfte ich. Mir war es so was von unangenehm, dass ich damit das Training unterbracht und mir alle zusahen. Doch Roland hatte das wohl auch gedacht und holte die anderen Teilnehmer weg von mir um da Training fortzusetzen. Später wechselten sie dann sogar in eine andere Halle damit wir etwas mehr Ruhe hatten. Allen Anschein nach hatte ich auf den Lärm von den Fallübungen reagiert. Bevor Roland ging hatte er Max wohl noch gefragt, ob er irgendwie helfen könne, was dieser aber abgelehnt hatte.

Diesmal schaffte ich es nicht aus dem Krampfen raus zu kommen. Also versuchte ich mich auf einen Finger zu konzentrieren, um über diesen mit Max kommunizieren zu können. Ich wollte ihn an das Notfallmedikament erinnern. Irgendwann war es dann auch so weit, dass ich den Finger bewegen konnte – naja zumindestens nach meine Gefühl sehr viel, doch Max verstand mich kaum.

Nach einiger Zeit hatte er kapiert, dass er mir die Schmelztablette geben sollte, doch er bekam meinen Mund einfach nicht auf. Jedesmal wenn er es versuchte krampfte ich wieder. Mir tat schon alles weh von diesen besch**** Krämpfen. Also signalisierte ich ihm, dass er die Rettung holen soll. Doch da ich weiterhin krampfte kam er einfach nicht dazu.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ er mich in der Obhut von Ylvi und Roland und ging nach oben telefonieren, denn in der Halle war kein Empfang. Endlich konnte ich ein wenig durchatmen, da Hilfe am Weg war. Manchmal ist allerdings ein Nachteil wenn man viele Menschen bei der Rettung kennt, denn auch diesmal war jemand dabei den ich kannte.

Diese Anfälle sind so schon sehr unangenehm und schmerzhaft für mich. Doch wenn dann noch jemand dabei ist denn ich kenn, dann ist es noch nochmal unangenehmer. Ich frage mich dann immer, wie das wohl für den aussieht und was der sich wohl denkt.

Da ich mich nicht mal eben verkriechen konnte oder unsichtbar machen, ergab ich mich halt meinem Schicksal. Doch wie sich rausstellte, war dieses (zur Abwechslung mal) gnädig mit mir. Bella macht ihren Job echt super. Sie checkte die Lage ab und nachdem Max alles erklärt hatte, fragte sie, ob sie nicht doch besser den NEF (Notarzt) nachholen sollte. Ich hätte sie in dem Moment dafür echt knutschen können. Denn wenn der Notarzt kommt, dann bekomm ich auch mein Notfallmedikament iv (also über eine Leitung direkt ins Blut).  Besonders nachdem es nicht möglich war mir die Tablette zu geben, war dies die einzige Alternative. Nach kurzer „Rücksprache“ mit mir wurde der Notarzt nachgefordert. Nachdem Bella selber Notfallsanitäterin ist konnte sie mir in der Zwischenzeit bereits eine Leitung legen. Komischerweise war es diesmal nicht so leicht überhaupt eine passende Vene zu finden. Doch gestochen hat sie echt super, denn ich hab nichts davon gespürt. Beim letzten mal Leitung legen in der Klinik, tat das dermaßen weh dass es mich neuerlich in einen Krampf schickte.

Ylvi war von dem ständigen Anzeigen wohl völlig erschöpft und Max erzählte mir, dass sie sich dann einfach neben mich gelegt hat. Schließlich war ich ja in guten Händen. Die Zeit bis zur Ankunft der Notärztin nützen Max und Bella um zu überlegen wie sie mich am besten transportieren können. Die Stiege herunter war mit der Liege nicht möglich und auch der Aufzug war für die Liege zu klein. Es blieb also nur der Tragstuhl.

Die diensthabende Notärztin kam und ich bekam das Notfallmedikament. Endlich lösten sich die heftigsten Anspannungen im Körper und ich schaffte es auch die Augen zu öffnen. Im ersten Moment war ich etwas erschrocken wieviele Leute da nun um mich rum standen. Neben Bella und der Notärztin standen da noch 4 weitere Leute rum. „So viele Leute, aber nicht genug Arbeit!“, waren wohl Ylvis Gedanken, denn sie holte sich dann von einem der Leute ihre verdiente Belohnung in Form von Streicheleinheiten.

Das Aufsetzen und Umsetzen in den Tragstuhl lief ganz gut. Es stand nicht mal in Frage, ob Ylvi mitdürfe oder nicht. Sie kam kurzerhand mit und verbrachte die Fahrt schon wieder arbeitend. 😉 Mein Pflichtbewusstes Mäusemädchen. Sie legte mir während der Fahrt die Pfoten auf den Oberschenkel und schlabberte mir wieder die Arme ab. Selbst nach dem Aussteigen wollte sie die Position nicht aufgeben. Aber so stand sie natürlich voll im Weg und Bella konnte mich nicht mehr schieben. Nach kurzer Rücksprache wurde beschlossen, mich mit dem Tragstuhl zu ziehen. Ylvi hatte also die Pfoten auf meine Oberschenkel und ging so mit dem Tragstuhl mit. Das musste ein Bild für Götter gewesen sein. Schade nur, dass in der Sitation niemand daran gedacht hat es zu fotographieren. Ich hätte euch das Bild sehr gerne gezeigt. (Aber vielleicht können wir es bei Gelegenheit mal nachstellen.)

IMG_20160210_220026Von der Aufnahme ging es direkt in ein Extrazimmer, wo wir nicht dem Trubel von draußen ausgesetzt waren. Nach dem Umlagern legte Ylvi sich zu mir auf die Liege. Sie war wohl genau so erschöpft wie ich. Der Arzt kam, es wurde noch Blut abgenommen und ich bekam eine Infusion. Dann mussten wir auf die Ergebnisse warten.

Ich gab Max das Okay ein Foto zu machen, damit ihr seht wie Ylvi bei mir auf der Liege liegt. In der Zeit wo wir warten mussten kam auch langsam die Kontrolle über meinen Körper zurück und auch meine Stimme schaute wieder bei mir vorbei. Der Arzt wollte uns noch mit dem Rettungsauto nach Hause schicken, doch ich hatte vorerst genug. Mit Unterstützung von Arzt und Max konnte ich mich in einem Liegestuhl umsetzen und Max schon mich zum nächsten Taxi. Der Taxifahrer bot mir gleich an, dass ich mich Ylvi vorne sitzen könne. Wir haben gut daheim an und mit Max Hilfe schaffte ich es, mit wackeligen Beinen, aber doch die Treppen hoch.

Was nun der Auslöser für diese dissoziativen Krampfanfälle war weiß ich nicht. Ich vermute, dass es daran lag, weil ich halt die Nacht zuvor nicht schlafen konnte und es mir allgemein nicht gut ging. Rauszufinden, was denn nun der Trigger (Auslöser) ist, ist gar nicht so leicht. Also ein weiteres Thema für meine Therapie, sonst würde uns ja langweilig werden. (ACHTUNG Sarkasmus!)

 

Ich möchte mich hier noch einmal öffentlich bei allen bedanken!

Roland und James, danke  dafür wie gut ihr reagiert habt und danke, dass ihr das Training fortgesetzt habt. (Roland, die Musik hätte auch geholfen 😉 )

Bella, danke dafür wie toll du mit mir in der Sitation umgegangen bist und dass du gleich an den Notarzt gedacht hast. Ich weiß ja wie schwer es ist mit Leuten direkt zu sprechen, obwohl sie nicht reagieren können. Du hast das echt super gemacht!

Danke an die Notärztin für die kompetente und tolle Betreuung.

Auch an das restliche Team des Roten Kreuzes Innsbruck und des NEF ein Danke.

Danke an den Arzt in der Klinik, dass wir ein Zimmer bekommen haben und nicht draußen im Trubel warten mussten.

Danke auch an den Taxifahrer, dass ich Ylvi ohne Probleme mitnehmen konnte.

 

PS: An alle, die das lesen und mir hinterher im echten Leben begegnet. Am besten ist es wenn man ganz normal mit mir tut. So wie mit jedem anderen auch 😉 Danke.

 

 

 

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