Ein Assistenzhund darf grundsätzlich in den Behandlungsraum
„Für Ordinationen ist in der Hygieneverordnung 2014 (§ 9 Abs.7) und in der Qualitätssicherungsverordnung 2018 (§ 7 Abs.2) geregelt, dass Tiere keinen Zutritt in Behandlungsräume haben dürfen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist für Assistenzhunde zwar nicht in der Hygieneverordnung explizit angeführt, jedoch in Erläuterungen beschrieben. So findet sich diese Ausnahmebestimmung sowohl im Bereich Hygiene auf
www.oeqmed.at/hygiene „Oft gestellte Fragen zur Hygieneverordnung > Behandlungsräumlichkeiten“
als auch auf www.oeqmed.at/selbstevaluierung in der Broschüre „1×1 der
ärztlichen Qualitätsevaluierung“ unter Kapitel 4.3 > Punkt 5.
Die Beschränkung des Zutritts für Assistenzhunde für bestimmte Behandlungsräume ist aus hygienischen Gründen (z.B. Eingriffsraum) möglich und obliegt dem Ordinationsinhaber bzw. in einer Gruppenpraxis dem Hygieneverantwortlichen. Dies bedeutet jedoch auch, dass Patienten mit Assistenzhund der Zutritt zur Ordination und eine Behandlung (zumindest in einem Behandlungsraum Typ1 gemäß Hygiene-V 2014)
ermöglicht werden muss.
Damit sich ein Patient auf diese Regelungen berufen kann, muss der Assistenzhund im Behindertenpass eingetragen sein. Voraussetzung für diese Eintragung ist ein positiv abgeschlossenes Beurteilungsverfahren. Die Kriterien für die Anerkennung als Assistenzhund sowie das Beurteilungsverfahren sind im Bundesbehindertengesetz § 39a sowie detailliert in den „Richtlinien Assistenzhunde“ des Sozialministeriums aus dem Jahr 2015 geregelt.
Empfohlen ist auch, dass der Assistenzhund durch eine Kenndecke als Assistenzhund kenntlich gemacht ist (sh. Abbildung).
Für die Krankenhäuser ist der Zutritt für Assistenzhunde im OÖ Krankenanstaltengesetz 1997 in der Form geregelt, dass der Zutritt für Assistenzhunde grundsätzlich möglich ist und das Krankenhaus in der Anstaltsordnung jene Bereiche festlegen muss, in denen die Mitnahme von Assistenzhunden aus hygienischen Gründen nicht zulässig ist (§ 10 Abs.3
lit.7).“
Quelle: Ärztliches Qualitätszentrum
Hier der Beschluss des Nationalrates:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/I/I_00912/fname_491313.pdf
Update aus dem Nationalrat:
Nationalratssitzung Mi, 27.01.2016
Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): „Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal zur Änderung betreffend die Mitnahme von Assistenzhunden in Krankenanstalten sprechen. Für alle, die nicht wissen, was denn genau ein Assistenzhund ist, möchte ich ganz kurz erklären, wie wichtig Assistenzhunde für Menschen mit Behinderungen sind.
Assistenzhunde können Blindenführhunde, Signalhunde, Servicehunde oder auch Therapiehunde sein, und sie sind dafür ausgebildet, dass sie Menschen mit Behinderungen helfen, ihren Alltag zu bewältigen. Sie dürfen mitgenommen werden, das ist seit 1. Jänner 2015 per Gesetz geregelt.
Auch ist ganz genau geregelt, wie die Ausbildung auszusehen hat und wie die Prüfung abzunehmen ist. Wir haben also eine gute Regelung, die sicherstellt, dass die Hunde auch qualitätsvoll ausgebildet werden, dass eine gute Beziehung zwischen dem Besitzer/der Besitzerin und dem Hund besteht, dass es eben auch ein gutes Teamworking gibt mit diesen Assistenzhunden, die für die Selbstbestimmung und für
die Teilhabe von Menschen mit Behinderung sehr wichtig sind, die ein ganz wichtiges – unter Anführungszeichen – „Hilfsmittel“ für Menschen mit Behinderung zur Bewältigung ihres Alltags sind.
Heute regeln wir, dass diese Assistenzhunde auch in Krankenanstalten mitgenommen werden dürfen, und das ist meiner Meinung nach wirklich ein sehr großer Fortschritt.
Danke, an dich, Frau Ministerin, dass dies möglich wird, denn das war ein Schwachpunkt bei der Mitnahme von Hunden, und das wird heute geregelt. Dafür wirklich ein herzliches Dankeschön.
Ich möchte noch kurz einen Appell an die Wirtschaft richten, weil auch jetzt Herr Peter Haubner hier ist: Hunde dürfen auch im Lebensmittelhandel mitgenommen werden, und es gibt von der Wirtschaftskammer eine Plakette, die heißt „Assistenzhunde willkommen“.
Das ist sehr wichtig, danke auch dafür, es ist nur manches Mal so, dass nicht alle großen Ketten diese Plakette anbringen, und dass die MitarbeiterInnen vielleicht nicht genau wissen, wie mit diesen Assistenzhunden und den Besitzern umgegangen werden soll. Immer wieder kommt es daher zu schwierigen Situationen für Menschen mit Behinderung in Lebensmittelketten – ich möchte jetzt keine Namen nennen.
Vielleicht können Sie von Seiten der Wirtschaftskammer noch einmal darauf einwirken, dass man auch in den Geschäften weiß, dass Assistenzhunde in die Geschäfte mitgenommen werden dürfen – auch ohne Maulkorb, das ist auch geregelt.
Das wäre meiner Meinung nach für Menschen mit Behinderung eine ganz wichtige Entscheidung, und vielleicht können Sie darauf einwirken. – Danke“
Wiener Spitäler machen es vor
Nach einem Schreiben (von Engel auf Pfoten) an den damaligen Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes, Dkfm. Dr. Eugen Hauke, wurden 2001 die Zutrittsmöglichkeiten für Blindenführhunde in Wiener Spitäler und Pflegeheime erweitert.
Eine Studie aus Berlin gab den Ausschlag:
Die Mitnahme von Blindenführhunden in bestimmte Bereiche des Krankenhauses bzw. in Arztpraxen stellt aus hygiene-medizinischer Sicht kein Gesundheitsrisiko für andere Patienten dar. Die strikte Ablehnung aus Hygienegründen (wie schon geschehen) kann daher nicht mehr länger gelten. So werden auch Besuche von Angehörigen oder Freunden ermöglicht. Intensivstationen sowie Eingriffsbereiche sind selbstverständlich davon weiter ausgenommen.
Ein Schreiben an den damaligen Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbundes BRD-Gutachten gab den Ausschlag:
Auf Initiative des deutschen Sehbehinderten- und Blindenverbandes sowie des Vereins für Blindenführhunde und Mobilitätshilfen e.V. – DVBM – Deutschlands neutrale Fachstelle für Qualitätsprüfung und Beratung im Blindenführhunde-Wesen wurden folgende wegweisende Gutachten erstellt.
Das nachstehende Gutachten ist zwar kein Gerichtsurteil, jedoch ist es dennoch geeignet, bei Kliniken, Kurheimen, niedergelassenen Ärzten oder anderen Therapeuten im Gesundheitsbereich Unsicherheiten zu beseitigen.
Es wird von fachlich kompetentester Stelle, nämlich dem renommierten Hygiene-Institut der Freien Universität Berlin, bestätigt, dass die Mitnahme von Blindenführhunden in bestimmte Bereiche unter Einhaltung von diversen Hygienevorschriften als unbedenklich einzustufen ist.
Gutachten Institut für Hygiene, Freie Universität Berlin
Fachbereich Humanmedizin Universitätsklinikum Benjamin Franklin, Institut für Hygiene, Standort Virchow-Klinikum (Direktor: Prof. Dr. med. H. Rüden)
„Wir haben aus hygienischer Sicht in der Regel keine Einwände gegen die Mitnahme von Blindenhunden in Praxis- und Krankenhausräume. Ein Teil der insgesamt über 175 Infektionskrankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden können, wird vom Hund auf den Menschen übertragen. Es existieren verschiedene Übertragungswege wie z. B. Verletzungen durch den Hund (Biss- oder Kratzwunden), Arthropoden als Vektoren (z. B. Zecken, Läuse, Flöhe), aerogene Übertragung oder die Kontamination von Lebensmitteln.
Die Bedeutung von Blindenhunden ist allgemein anerkannt. Sie steigern die Mobilität, reduzieren Ängste und Unsicherheit, verbessern damit die Selbstsicherheit und tragen so in einem nicht unerheblichen Maße zur Selbständigkeit und zum Wohlbefinden von blinden Menschen bei.
Da es sich bei Blindenhunden um speziell ausgebildete, in der Regel besonders disziplinierte Hunde handelt, ist eine Übertragung von Infektionskrankheiten durch Verletzungen oder Kontamination von Lebensmitteln unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass auch die Gefahr einer Übertragung durch Arthropoden als gering anzusehen ist.
Bei der Mitnahme der Blindenhunde in Krankenhäuser sollten jedoch folgende Empfehlungen beachtet werden (aus: Weber DJ, Baker AS,. Rutala WA: Epidemiology and Prevention of Nosocomial Infections Associated with Animals in the Hospital.
In: Hospital Epidemiology and Infection Control, C. Glen Mayhall (Ed.), pp. 1 09-1123, Williams & Wilkins, Baltimore 1996):
- Nur speziell als Führungshunde ausgebildete Hunde dürfen in Gesundheitseinrichtungen mitgeführt werden.
- Die Mitnahme von Blindenhunden ist nicht erlaubt, wenn sie krank sind, Fieber, gastrointestinale Erkrankungen, Flöhe oder Hautläsionen haben.
- Gesunde und gepflegte Hunde, die ihren Besitzer führen, sind in allen Bereichen erlaubt, die auch allgemein dem Publikum offen stehen, wie Lobby, Cafeteria und offene Pflegestationen. Hier sollte sich der Besitzer des Hundes über die Möglichkeit eines Patientenbesuchs informieren. Die Erlaubnis zur Mitnahme des Hundes ist vom Zustand des Patienten abhängig zu machen.
- Die Fütterung des Hundes innerhalb des Krankenhauses ist nicht gestattet. Die Defäkation des Hundes sollte außerhalb des Krankenhausgeländes erfolgen.
- Dem Krankenhauspersonal und den Patienten ist es untersagt den Hund zu streicheln oder mit ihm zu spielen.
- Nachdem die blinden Besucher ihrem Hund einen Platz zugewiesen haben, müssen sie sich vor dem direkten Kontakt mit Patienten die Hände waschen.
- Folgende Umstände schränken den Besuch mit Hunden ein:
Der Patient ist wegen respiratorischer, enteritischer oder anderer Infektionskrankheiten isoliert, oder er befindet sich in protektiver Isolierung (z.B. AIDS Patienten im fortgeschrittenem Stadium).
Der Patient, obwohl er nicht protektiv isoliert ist, ist abwehrgeschwächt (z.B. immunsupprimierte Patienten, Patienten mit Antikörpermangelsyndrom) oder hat einen abwehrgeschwächten Zimmernachbarn.
Der Patient befindet sich auf einer Intensivstation, Verbrennungsstation oder einer anderen, dem Publikumsverkehr nur eingeschränkt zugänglichen Station des Krankenhauses.
Der Patient oder ein Zimmernachbar hat eine Allergie gegen Hunde oder leidet unter einer schweren Hundephobie.
Der Patient oder ein Zimmernachbar ist psychotisch, halluziniert, ist verwirrt oder hat eine geänderte Wahrnehmung der Realität und ist einer rationalen Erklärung nicht zugänglich.
Bei Beachtung dieser Empfehlungen erachten wir ein Verbot von Blindenhunden in Praxis- und Krankenhausräumen aus infektionspäventiven Überlegungen heraus als nicht gerechtfertigt, zumal ein solches Verbot die Bewegungsfreiheit blinder Menschen deutlich limitieren würde“.
Mit freundlichen Grüßen (Prof. Dr. med. Henning Rüden) (Christine Geffers, Ärztin) Institut für Hygiene der FU Berlin Nationales Referenzzentrum für Krankenhaushygiene in Deutschland
Empfehlung der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft
Auch die DKG zeigte Verständnis für Blindenführhunde. Das folgende Schreiben erging nach Anfrage auch an „Engel auf Pfoten“.
Bundesverband der Krankenhausträgerin der Bundesrepublik Deutschland
An die – Mitglieder der Kommission „Hygienedienst im Krankenhaus – Mitgliedverbände der Deutschen Krankenhausgesellschaft
Rundschreiben Nr. 198197
Mitnahme von Blindenführhunden bei Besuchen von Arztpraxen und Krankenhäusern
Sehr geehrte Damen und Herren, der Deutsche Blindenverband e.V. hat sich in der o.g. Angelegenheit an die Geschäftsstelle der Deutschen Krankenhausgesellschaft gewandt und darauf aufmerksam gemacht, dass es ca. 1.200 Blindenführhundehalter, d.h. blinde oder hochgradig sehbehinderte Menschen gibt, die zur Orientierung und Mobilität auf einen Blindenführhund angewiesen sind.
Die Mitnahme eines Blindenführhundes sei auch dann erforderlich, wenn ein Krankenhaus besucht werde. In der Vergangenheit habe es Unsicherheiten gegeben, ob ein Krankenhausbesuch mit Blindenführhund unter hygienischen Gesichtspunkten unbedenklich sei.
Um zu einer Klärung der o.g. Fragestellung zu kommen, hat sich der Allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin an die Ärztekammer Berlin gewandt, die ihrerseits eine Anfrage an das Hygieneinstitut der Freien Universität Berlin richtete…
Die DKG-Kommission „Hygienedienst im Krankenhaus“ hat diese Thematik eingehend beraten und hat sich der Auffassung von Herrn Prof. Rüden angeschlossen. Wir bitten, die Ihnen angeschlossenen Krankenhäuser zu informieren.