Überblick
Ich wurde seit meiner Kindheit emotional und sexuell missbraucht. Ich hatte niemanden, dem ich mich anvertrauen konnte. Zudem war es Alltag für mich. Erst mit ca. 18 Jahren erkannte ich, dass es nicht normal war. Es kamen immer mehr Erinnerungen hoch und die ganzen Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung begannen mich massiv zu beeinflussen. Ich habe beide Täter angezeigt.
Ich leide extrem unter den Symptomen.
Meine Kindheit
Ich kann mich nur sehr bruchstückhaft an meine Kindheit erinnern. Viele Erinnerungen sind mehr Flashbacks vom Missbrauch. Es ist als würde ich den Missbrauch jetzt wieder erleben. Ich spüre wieder die Berührungen der Täter und die Schmerzen. Ich sehe die Gesichter vor mir, wenn ich andere Leute anschaue. Ausgelöst wird das durch sogenannter Trigger. Diese können viele verschiedenen Dinge sein. Zum Beispiel ein Mensch, der einem der Täter ähnlich sieht, eine Berührung, ein bestimmter Duft usw.
Nicht darüber reden!
Ich hatte niemanden, dem ich mich anvertrauen konnte. Irgendwie wusste ich zwar, dass etwas nicht passt. Doch mir wurde sehr schnell beigebracht, dass ich meiner Wahrnehmung nicht trauen kann. Es war wie eine Gehirnwäsche.
Meine Zuflucht – die Tiere
Ich verbrachte viel Zeit auf einem nahe gelegenen Bauernhof. Eine Freundin und ich hatten die Abmachung mit dem Bauern, dass wir die Pferde striegeln und den Stall ausmisten und dafür durften wir dann reiten. Die Tiere waren meine Zuflucht, meine Möglichkeit zumindestens für eine kurze Zeit zu fliehen.
Meine Schul- und Ausbildungszeit
Obwohl ich in der Schule eher mittelmäßig war, machte ich die Matura. Gleich nach der Matura machte ich die Ausbildung zur Diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester. Wie ich diese Zeit geschafft habe weiß ich heute nicht mehr.
Erinnerungen kommen hoch
Erst in der Zeit meiner Ausbildung begann ich mich stückweise an den Missbrauch zu erinnern. Ich hatte plötzlich massive Schlafstörungen. Ich konnte nicht einschlafen, hatte Angst, sobald es dunkel wurde und richtige Panik vor dem Einschlafen.
Ich war wieder wie ein kleines Kind. Die Dunkelheit machte mir schreckliche Angst, also ließ ich das Licht an. Selbst mit voller Beleuchtung hielt mich etwas vom Schlafen ab – die Panik, dass etwas Schlimmes passieren könnte.
Diagnose: Posttraumatische Belastungsstörung
Wegen den massiven Schlafstörungen kam ich zu meiner ersten Therapeutin. Ich hatte Glück, denn sie erkannte was los war. Allerdings versuchte sie die aufbrechenden Gefühle und Bilder unten zu halten damit ich die Ausbildung fertig machen konnte.
Leider wurde es dadurch nur schlimmer und es kamen immer mehr Bilder. Somit wechselte ich zu einer anderen Therapeutin bei der ich dann ganze 5 Jahre in Therapie war.
Ein glücklicher Zufall
In meiner Ausbildung lernte ich durch einen glücklichen Zufall meinen Mann kennen. Er weiß über meine Geschichte Bescheid und steht voll zu mir.
2013 wagten wir den nächsten Schritt und haben geheiratet. Er ist nun meine OHANA.
Ohana bedeutet Familie im Sinne von, Freunde sind die Familie, die man sich aussucht.
Zusammenbruch
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und zeigte die Täter an.
Das war die Hölle! Zuerst musste ich bei der Kriminalpolizei alles bis ins kleinste Detail erzählen und später dann nochmal bei der kontradiktorischen Einvernahme. Dabei befindet man sich mit dem Richter in einem Raum und alles wird auf Video aufgenommen. Diese Aufnahme sollte dann für die Gerichtsverhandlung verwendet werden. Leider wurden die Verfahren vorher aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Zur gleichen Zeit wurde vermutlich von dem Täter interveniert, dass ich meinen Job im Krankenhaus verlor.
Ich brach vollends zusammen und bin seither nicht mehr arbeitsfähig.
Zur Zeit befinde ich mich in medizinischer Reha, da die befristete Invaliditätspension oder auch Berufsunfähigkeitspension von der Politik abgeschafft wurde.
Mein erster eigener Hund
Bereits 2013 versuchte ich jemanden zu finden, der mir half, meinen Hund Medic als Assistenzhund für mich auszubilden. Ich litt so massiv an Dissoziationen, dass ich kaum mehr aus dem Haus kam. Eine Dissoziation schaut bei mir so aus, dass ich voll erstarre. Ich kann mich dann weder bewegen, noch reden oder sonst was, tun. Auch auf Ansprache oder Berührungen bzw Schmerzreize kann ich nicht reagieren.
Oft bekomme ich zwar alles mit und spüre den Schmerz sehr wohl, aber ich kann nichts tun. Ich bin in dem Moment völlig den anderen Menschen ausgeliefert.
Dieses Ausgeliefert sein ist ein absoluter Horror! Dazu kommen die Schmerzen wenn man stundenlang in der gleichen Position sitzt oder liegt und sich nicht einen Millimeter bewegen kann. Es ist als wäre ich in meinem eigenen Körper gefangen und egal wie sehr ich an den Gitterstäben meines Körpers rüttle und versuche mich zu bewegen – es tut sich nicht.
Meine Hoffnung war, dass man Medic beibringen kann mich aus solchen Dissoziationen heraus zu holen. Den Begriff PTBS-Assistenzhund kannte damals in Österreich noch niemand. Keiner konnte mir helfen bzw. traute es sich niemand zu, den Hund für meine Anforderungen auszubilden.
Mein zweiter Hund
Es stellte sich heraus, dass Medic chronisch krank war. Nach langem Überlegen holte ich mir einen Labrador Retriever. Daikatana Ylvi vom Straßer Idyll.
Zufälle gibt’s…
Auch mit ihr trainierte ich in der Suchhundestaffel des Roten Kreuzes, bis ich durch Zufall im Internet Assistenzhund Vroni fand. Ich war begeistert! Vroni war der Beweis, dass es PTS Assistenhunde gibt! Wenn es in Deutschland so was gibt, dann doch auch in Österreich. Also machte ich mich auf die Suche.
Ein Glückstreffer
Ich fand eine Assistenhundetrainerin, die grade in Deutschland die Ausbildung machte und bereits einen Hund als PTBS-Assistenhund ausbildete. Aus der Zusammenarbeit wurde aber nichts.
Über Umwege kam ich zu Alexandra. Sie hatte mir schon vorab angeboten, dass ich mich bei Trainingsfragen melden und auch gerne ein paar Stunden in Anspruch nehmen kann.
Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und bat sie mit mir Ylvi zum Assistenzhund auszubilden. Ich war super erleichtert als sie freudig zusagte! Ab nun habe ich jede Woche 2 Traininsstunden bei ihr. Sie hat zwar keine spezielle Ausbildung für Assistenhundtraining, ABER sie ist Psychologin und Hundetrainerin. Bei ihr habe ich nun immer wieder ein paar Stunden gehabt, wo wir einzelne Aufgaben aufgebaut haben. Den Rest habe ich alleine gemacht. Inzwischen würde ich nur noch Trainer nehmen, die sich mit Assistenzhunden auch wirklich auskennen und in dem Bereich Erfahrung mitbringen.
Wie wird es weitergehen?
Leider zahlt die Krankenkasse die Ausbildung für Assistenzhunde nicht und das obwohl die Aufgaben der Assistenhunde im BBG (Bundesbehindertengesetz) §39a festgehalten sind. Somit bin ich auf Spenden angewiesen, um die Ausbildung überhaupt finanzieren zu können.
Ich bin schon dabei diverse Institutionen, Einrichtungen und Firmen anzuschreiben. Trotzdem werde ich auch auf Unterstützung von Privatpersonen angewiesen sein.
Assistenzhundprüfung
Ja, es ist so weit. Wir haben die Assistenzhundprüfung abgelegt und natürlich super bestanden.
Ein paar Dinge hab ich noch im Kopf, die Ylvi lernen sollte, doch dafür such ich mir die entsprechenden Trainer. Inzwischen hab ich sehr viel dazugelernt und am Hundetrainerkongress auch entsprechende Hundetrainer kennengelernt. Zudem darf man nicht vergessen, dass Ylvi gerade mal 2 Jahre alt ist und somit auch von ihrer Entwicklung her noch ein paar Dinge offen sind, die sie lernen sollte.