Warum ich mich beim zweiten Mal für eine Fremdausbildung entschieden habe 2


Heute möchte ich den Grund mit euch teilen, warum ich mich bei meinem zweiten Assistenzhund nicht mehr für eine Selbstausbildung, sondern bewusst für eine Fremdausbildung entschieden habe.

Diese Entscheidung fiel nicht von heute auf morgen. Sie ist das Ergebnis vieler Jahre Erfahrung, vieler Erfolge – aber auch vieler Fehler, Rückschläge und Grenzen, an die ich mit meinem ersten Assistenzhund gestoßen bin.


Meine Anfänge – Pionierarbeit in Österreich

Als ich damals mit Ylvi begann, war die Ausbildung eines Assistenzhundes für PTBS/KPTBS in Österreich noch nahezu unbekannt.
Ich war eine der ersten, die diesen Weg gehen wollten. Schon zuvor hatte ich mit meinem Hund Medic einen Versuch gestartet, doch schnell gemerkt: In Österreich wusste damals kein Trainer, welche Assistenzleistungen für diese Erkrankung sinnvoll und notwendig sind.

Mir blieb also nichts anderes übrig, als mich selbst fortzubilden.
Ich besuchte unzählige Seminare, Vorträge und Workshops, um mir das nötige Wissen anzueignen – in der Hoffnung, Ylvi so gut und professionell wie möglich selbst ausbilden zu können.


1. Wissen – mehr als nur Tricks beibringen

Die Selbstausbildung eines Assistenzhundes erfordert sehr viel mehr Fachwissen, als viele denken.
Es geht eben nicht nur darum, ein paar nützliche „Handlungen „Tricks“ – Assistenzleistungen – zu trainieren. Ein wirklich gut ausgebildeter Assistenzhund muss ein breites Fundament an Fähigkeiten mitbringen:

  • Bombensicherer Rückruf – auch im Wald, trotz Wild oder anderer Ablenkungen.
  • Kontrollierbares Jagdverhalten – da wir als Assistenzhundehalter in Österreich von Leinenpflicht und Maulkorbpflicht befreit sind.
  • Medical Training – damit der Hund gelassen auf tierärztliche Untersuchungen oder Pflegemaßnahmen reagiert.
  • Stabiles Verhalten in allen Alltagssituationen – vom Einkaufszentrum, in Menschenmengen bis hin zum vollen Bus.

Schon kleine Fehler, zum Beispiel ein falsches Timing beim Klick, können langfristig große Auswirkungen haben. Schnell lernt der Hund etwas ganz anderes als eigentlich geplant war.


2. Die körperliche und psychische Belastung

Die Ausbildung von Ylvi hat mich alles gekostet: Zeit, Energie und oft auch Nerven.
Die ersten 21 Monate, bis wir zur staatlichen Assistenzhundeprüfung antreten konnten, waren extrem fordernd – körperlich und vor allem psychisch.
Es gab Momente, in denen ich mehrmals kurz davor stand, alles hinzuschmeißen.

Und als die Prüfung endlich geschafft war?
Da fiel der Druck schlagartig ab – und mein Körper kollabierte. Mein Gesundheitszustand verschlechterte sich so sehr, dass ich monatelang nicht auf die Beine kam und sogar ins Krankenhaus musste. Wer mich kennt, weiß: Ich geh nur im äußersten Notfall in die Klinik.


3. Schwierige Trainingsbereiche: Das Anzeigen

Ein besonders kniffliger Bereich ist das Anzeigen bestimmter Zustände – zum Beispiel bei Dissoziationen, Flashbacks, Angstzuständen oder Krampfanfällen.

Der Hund lernt, anhand bestimmter Gerüche seinem Mensch eine beginndene körperliche Veränderung anzuzeigen.
Doch woher weiß ich als Betroffene, ob mein Hund gerade live anzeigt – oder ob er sich einfach geirrt hat?
Im Gegensatz zu Diabetes gibt es für psychische oder neurologische Vorwarnsignale kein Messgerät, das mir sofort sagt, ob der Hund „recht hat“. Die feinen Veränderungen, die der Hund schon längst wahrnimmt, bemerke ich oft selbst gar nicht.

Das hat Folgen:
Wenn ich nicht erkenne, dass es eine echte Anzeige war, belohne ich den Hund nicht – und riskiere damit, dass dieses Verhalten schwächer wird oder ganz verschwindet. Manche Hunde verzeihen solche Fehler, viele aber eben nicht.

Mein Fazit daraus:
Gerade dieses Anzeigen sollte, wenn möglich, immer von einem erfahrenen Assistenzhundetrainer trainiert werden, der selber nicht betroffen ist und somit objektiv beurteilen kann, wann und wie zu belohnen ist.


4. Das Risiko der Untauglichkeit

Einer der größten und für viele auch schmerzhaftesten Punkte in der Selbstausbildung ist das Risiko, dass der Hund am Ende untauglich ist – sei es aus gesundheitlichen oder charakterlichen Gründen.

Bei einer begleiteten Selbstausbildung trägt immer der Halter das volle Risiko. Man weiß nie mit absoluter Sicherheit, ob der Hund wirklich geeignet ist, bis er die große Gesundheitsuntersuchung besteht und seine Arbeitsfähigkeit im Alltag bewiesen hat. Dabei gibt es viele Faktoren, die erst im Laufe der Zeit sichtbar werden:

  • Gesundheitliche Probleme: Manche Erkrankungen oder Fehlstellungen erkennt man erst, wenn der Hund älter ist. Röntgenaufnahmen zur Überprüfung der Hüften, Ellbogen und Wirbelsäule sind frühestens im Alter von etwa einem Jahr möglich – bis dahin hat man aber oft schon mehrere tausend Euro in Futter, Tierarzt, Ausrüstung und Training investiert.
  • Charakterliche Untauglichkeit: Auch die beste Ausbildung kann nicht jeden Wesenszug ändern. Es kommt leider vor, dass ein Hund z. B. Angst- oder Aggressionsverhalten entwickelt, das einen Einsatz als Assistenzhund unmöglich macht. Besonders schwierig wird es, wenn man schon sehr viel Geld, Zeit und Herzblut investiert hat – die Versuchung ist groß, „trotzdem weiterzumachen“, selbst wenn man tief im Inneren weiß, dass der Hund für diese Aufgabe nicht geeignet ist.
  • Unvorhersehbare Ereignisse: Selbst wenn der Hund bis dahin alle Voraussetzungen erfüllt – ein einziger traumatischer Vorfall kann alles verändern. Ein Angriff durch einen anderen Hund, ein Unfall oder eine Erkrankung kann dazu führen, dass ein Hund nicht mehr im Assistenzdienst arbeiten kann. Das kann jeden treffen – selbst Teams, die schon jahrelang erfolgreich geprüft und unterwegs waren.

Hinzu kommt in Österreich die Finanzierungsfrage:
Spenden für einen Assistenzhund werden in den meisten Fällen erst ausbezahlt, wenn man die staatliche Assistenzhundeprüfung bestanden hat. Erhält man sie doch schon vorher und der Hund fällt aus der Ausbildung oder besteht die Prüfung nicht, muss man dieses Geld in der Regel zurückzahlen. Das kann überraschend und schnell zu hohen Schulden führen – gerade, wenn man zu diesem Zeitpunkt schon in Vorkasse gegangen ist.

In Österreich darf man bis zu 3 mal zur Prüfung antreten, aber auch das kostet Zeit und Geld – und währenddessen läuft das Leben mit allen anderen Ausgaben weiter.

All das bedeutet: Geht man mit einem Welpen in die Selbstausbildung, trägt man das komplette finanzielle und emotionale Risiko bis zum Zeitpunkt der Abschlussprüfung.
Nimmt man einen Hund, der bereits älter ist (z. B. über ein Jahr), kann man dieses Risiko durch vorherige Gesundheitschecks etwas reduzieren – aber auch hier gilt: Werden dabei Probleme gefunden oder erweist sich der Hund später als untauglich, bleiben die Kosten beim Halter, und häufig werden diese Untersuchungen auch nicht über Spendengelder gedeckt.

Dieses Risiko war für mich persönlich ein sehr ausschlaggebender Faktor bei meiner Entscheidung. Die Aussicht, unter Umständen wieder hohe Beträge – und Jahre an Arbeit – zu verlieren, wollte ich mir diesmal ersparen.


Mein Fazit – Sicherheit statt Selbstüberforderung

Ich habe lange abgewogen, welche Ausbildungsform für meinen zweiten Assistenzhund die richtige ist.
Ja, ich kann einen Hund selbst ausbilden – aber ich weiß inzwischen auch, wie hoch der Preis ist, den ich dafür persönlich zahle.

Darum habe ich mich diesmal für eine Fremdausbildung entschieden.
Das bedeutet, dass der Großteil des Trainings – besonders die fehleranfälligen und komplexen Elemente – in professionellen Händen liegt.
Ich kann mich auf das konzentrieren, was für mich und meinen Hund am wichtigsten ist: unsere Bindung, das gemeinsame Leben und meine eigene gesundheitliche Stabilität.

Manchmal ist die klügste Entscheidung nicht die, alles selbst zu schaffen – sondern die, Verantwortung zu teilen.
Und für mich fühlt sich diese Entscheidung richtig an.


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