Suizidversuch 1


Achtung Trigger!!

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Vor meinem Suizidversuch:

Ich weiß nicht so recht wie ich diesen Beitrag anfangen sollt. Wie ich zu Papier bringen sollt wie es gerade in mir aussieht. Düster, dunkel. So sieht es aus. Gerade hasse ich meine Ptbs. Hasse meine Eltern dafür was sie mir angetan haben. Ich mag einfach nicht mehr. Nicht mehr leiden. Nicht mehr kämpfen. Ich hab keine Kraft mehr dafür. Hab nicht einmal Kraft um mit meinen geliebten Hunden täglich ihre Runden zu gehen. Ohne meinen Mann wäre ich nicht in der Lage Hunde zu haben. Daher ist ein gutes Netzwerk gerade bei psychischen Erkrankungen so wichtig. Aber das nur am Rande.

Wie so oft schon stelle ich mir die Frage wie lang ich noch leiden soll bis es endlich genug ist? Wie lange? Manche behaupten Ptbs sei gut heilbar. Echt? Davon merke ich nichts. Im Gegenteil es wird immer schlimmer. Ich mache jetzt schon seit 10 Jahren Therapie. Angefangen habe ich mit 2 mal pro Woche. Nach einiger Zeit haben wir es dann auf einmal pro Woche reduziert. Inzwischen bin ich so 1-2 mal pro Woche bei meiner Thera. Wieviele Stunden das inzwischen sind dürft ihr euch selber ausrechnen. Ich kann nur sagen, es sind verdammt viele. 6 Jahre lang ging es nur darum zu stabilisieren. Irgendwann sollte ich ja auch stabil genug sein um am Trauma arbeiten zu können. Tja, irgendwann…

Bisher sind wir nur einmal gezielt und gut vorbereitet in die Nähe des Traumas gekommen.

Vom Trauma direkt und detailliert musst ich bei der Anzeige erzählen. Einmal bei der Kriminalpolizei und dann noch einmal bei der Kontradiktorischen Einvernahme. Da war kein Therapeut dabei, der eingreifen hätte können wenn es zu viel wird und das wird es sehr schnell einmal. Man darf zwar eine Begleitperson mitnehmen, und solche werden auch zb vom weißen Ring oder dem Gewaltschutzzentrum angeboten. Doch meine Erfahrungen damit sind nicht so gut. Sollte ich so etwas noch einmal machen müssen, dann nur wenn meine Therapeutin dabei ist und eingreift wenn sie merkt wenn es mir zu viel wird. Denn in der Sitation bin ich selber nicht mehr in der Lage Stop zu sagen.

Doch das Leben steht in der Zwischenzeit leider auch nicht still. Ich hatte einige Auf und Abs. Mehr Tiefs als Hochs. Schon „Kleinigkeiten“ bringen mich völlig aus dem Gleichgewicht. Das kann die Krankenschwester sein, die mich von oben herab behandelt. Der Casemanager für den ich nur eine Nummer in seinem Job bin. Die Hilflosigkeit und das Gefühl dem Gutdünken eines anderen Menschen ausgeliefert zu sein wenn wieder ein Gutachten ansteht. Bei der medizinischen Reha ist das jedes Jahr. Plus einmal pro Jahr (wenn sie lustig sind auch öfters) ein Kontrolltermin bei dem Arzt in der Krankenkasse. Wobei das ein Allgemeinmediziner ist und kein Psychiater, also auch null Ahnung von Ptbs hat! Was andere nur einen Tag ärgert bringt mich für Wochen durcheinander. Sorgt für heftige Gefühlswechsel und führt zu Flashbacks. Ganz toll sind die ohne Bilder, bei denen man plötzlich von dumpfen Gefühlen überwältigt wird und keine Ahnung hat woher der Scheiß denn nun wieder kommt.

Selbst wenn man weiß woher es kommt – Trauma – Vergangenheit – bla – macht es das auch nicht leichter. Ich hab in meiner Therapie sogenannter Skills gelernt. Das sind Dinge, die man machen kann um sich abzulenken. Also zb etwas extrem saures Essen, auf eine Chillischote beißen, an einem Duftöl schnuppern oder Musik hören, barfuß gehen, einen lustigen Film anschauen. Das funktioniert mal mehr, mal weniger gut. Derzeit eher weniger gut. Im Prinzip bin ich die ganze Zeit am skillen. Das beschäftigt mich zwar eine gewisse Zeit, aber besser wird es dennoch nicht.

(Nach meinem Suizidversuch)

Ich hatte schon 4 verschiedene Therapeuten, wobei ich bei zwei überzeugt war, dass sie gut sind. Ich war schon 6 mal in einer Klinik wegen der Ptbs. Und jetzt schon wieder.

Die Erkrankung entreißt mir die Freude, die noch vor Jahren gehabt hätte. Und es wird immer weniger. Ich kann mich über immer weniger richtig freuen. Wenn mir so was auffällt frage ich mich, ob hier der Selbstsschutz zum tragen kommt und das Erleben der Gefühle allgemein voll gedämpft wird. Ich hab das Gefühl in der Gefühlslosigkeit zu versinken. Dieses schwere stinkende Zeug zieht mich einfach immer tiefer runter.

Derzeit plane ich meine Tage von einem Tag zum nächsten. Manchmal auch nur von einer Stunde zu nächsten. So ist es leichter und erträglicher für mich, denn dann kann ich mir einreden, dass ich die schlimmen Phasen nur kurz aushalten muss und es dann schon wieder besser wird. Das mal von der großen Perspektive zu betrachtet macht es noch schrecklicher. Seit September letzten Jahre geht es mir schon so mies, dass ich für eine Stabilisierungphase für 10 Wochen nach Bad Honnef hätte sollen. Tja, ich war dort, wurde sehr mies behandelt, es ging mir hinterher noch schlechter als davor und ich habe es gewagt den Aufenthalt abzubrechen.

Seither ging es nur weiter abwärts. Ich hielt noch bis Dezember aus und startete da meinen zweiten Suizidversuch. Ich war am verzweifeln. Nichts wurde besser, alles immer nur schlechter und zusätzlich habe ich das Gefühl, dass sie mir auch in der Klinik nicht wirklich helfen könne In. Doch ich kam im Innsbruck auf die Geschlossene und wurde dann möglichst schnell nach Kufstein weitertransferiert. Dort bin ich 2 Wochen geblieben, hab brav bei den Therapie mitgemacht, aber es ist nichts besser geworden und dennoch haben sie mich wieder als „nicht selbstgefährdet“ entlassen.

Eine Zeit lang ging es halbwegs und dann brach ich wieder zusammen. Diesmal hab ich frühzeitig Bescheid gegeben, so dass ich bereits zwei Tage später in der Klinik in Salzburg auf der Suizidpräventationstation ein Bett bekommen habe. Der Aufenthalt dort war auch mäßig. Ich hatte zwar einmal pro Tag  30 Minuten Einzelgespräch mit einem Klinischen Gesundheitsprychologen und das wars. Zudem soll ich das Thema Trauma ausgrenzen, da sie dieses hier nicht bearbeiten können. Na  gut. Mal eben den größten Teil warum es mir so schlecht geht außen vor gehalten, aber ganz drum herum sind wird dann doch nicht gekommen. Auch hier wurde ich wieder frühzeitig entlassen und es lag laut dennen keine Selbstgefährdung mehr vor. Obwohl ich ihm im Abschlussgespräch ganz offen gesagt hatte wie schlimm die Suizidgedanken tatsächlich noch sind. Es wurde nicht erst genommen.

Ein paar Monate habe ich mich weiter gequält. Von Stunde zu Stunde, bloß nicht zu viel vorplanen. Ich hab geskillt ohne Ende und versucht es einfach auszusitzen in der Hoffnung, dass von alleine wieder besser wird. Ich hab auch mit meiner Thera darüber geredet, aber sie hatte auch keine Lösung die es besser machen hat.

Irgendwann war es dann so weit. Ich beschäftigte mich mit Medikamente und deren tödlichen Dosen. Dass es wie davor Tabletten werden würde was eigentlich immer klar gewesen. Aus dem simplen Grund, dass ich mit meinem Suizid nicht unnötig mehr Leute ins Leid stürzen möchte als nun ich mit einem Suizid nun mal mache. Das bedeutet, dass es für mich keine Option ist sich die Pulsadern aufzschneiden. Ich hab genug schlimme Einsätze von meinem Mann zu dem Thema erzählt bekommen. Als  weitere Hemmschwelle habe ich mir die Handgelenke mit wichtigen Symbolen tatoowieren lassen, das soll zusätzlich sicherstellen, dass ich durch die Bilder nicht durchschneide. Ich lehne es ab andere Menschen durch meinen Freitod zu traumatisieren, also werde ich mich nicht vor ein Auto oder einen Zug werfen oder eben von einem Gebäude springen. Das macht alles eine ziemliche Sauererei und kann traumatisierend für den sein, der mich so findet. Also blieb mir nur die Option Medikamente über.

Ich hab beim ersten mal auch den klassischen Fehler gemacht alles zu nehmen was ich im Haushalt habe, wobei vieles davon Benzos und andere Psychopharmaka waren. Den Cocktail habe ich mit einer Flasche Alkohol getrunken. Mein Ziel war es friedlich einzuschlafen und erst zu spät entdeckt zu werden.

Tja, der Plan ging nicht so auf und da mein Mann selber Notfallsanitäter ist hat er schnell die Rettung gerufen, als er bemerkte dass ich nicht mehr richtig ansprechbar war. Ich kam über die Notaufnahme schnell in die Intensivstation und von dort aus in die Geschlossene Psychiatriestation. Dort war es die Hölle. Zu wissen, dass im Gebäude gegenüber der Täter arbeitet und jederzeit reinschneien kann ist echt die Hölle. Daher hat mich mein Mann auf Revers und gegen den Willen der Ärzte mitgenommen. Im Anschluss bin ich dann Stationär nach Kurfstein und als es wieder schlimmer wurde nach Salzburg.

Jetzt war/ bin ich wieder vor der selben Entscheidung gestanden. Fragen wie, Wie groß ist mein Leidensdruck? Wie lange halte ich das noch aus? Will ich noch leben? Was passiert mit… wenn…? Sind mir immer wieder durch den Kopf gegangen. Ich habe dann beschlossen Vorbereitungen zu treffen, Medis zu kaufen, zu bunkern und mir mal die eine Woche anschauen wie sie läuft und dann zu entscheiden. Ich war total am verzweifeln. Normalerweise bin ich sehr dafür dass man über alles reden soll, da ich denke dass darüber reden oft auch schon etwas hilft. Doch diesmal konnte ich nicht darüber reden. Ich wusste nicht mit wem. Ich wusste nicht wie und ich war selber von mir genervt und auch genervt davon, dass ich wieder am selben Punkt stand wie im Dezember. Nichts machte mir mehr wirklich eine Freude. Oder ich spürte sie nicht. Ich fühlte mich einsam und allein. Irgendwo hab ich gelesen, dass man zuerst einmal noch die schönen Dinge im Leben machen sollte bevor man sich entscheidet sich umzubringen. Also hab ich mir abends um 9 Courdon bleu bestellt und mit ein paar Freunden ausgemacht. Selbst die schönen Dinge konnte ich nicht wirklich genießen oder irgendwie festhalten. Es hat mich alles gleich wieder ins tiefe schwarze Loch gezogen. Es ist wie ein klebrige Soße, die an mir haftet und nicht abzubekommen ist.

Am Samstag war es dann so weit, dass ich es nicht mehr länger ertragen hatte. Ich hatte mich natürlich davor schon schlau gemacht was die tödliche Dosis von dem Medikament ist, was passieren wird, wie lange es dauert bis die Leber komplett versagt und was wäre wenn ich doch noch rechtzeitig gefunden werde. Es stand, dass einem übel wird und man Bauchweh haben wird, was aber am zweiten Tag wieder besser werden sollte. Das Medikament zerstört im Prinzip die Leber und wenn man es lang genug aushält, dann können sie auch anschließend in der Klinik nichts mehr tun außer eine neue Leber zu transplantieren.

Es waren echt viele Tabletten nötig, ich hatte 3 ganze Packungen zu je 60 Stück vor mir liegen. Das schwierigste war sie zu schlucken. Ich hab dafür gut 1 Stunde und 2 Liter Wasser gebraucht und dann musste ich mal etwas Pause machen. Ich hab mich ein wenig hingelegt und dann später noch weitere Tabletten genommen. Da war ich dann aber schon so weit, dass es mich bei jeder Tablette gewürgt hat und ich kurz davor war zu erbrechen.

Nach ca 3 Stunden setzte die Übelkeit ein. Ich hab mich also mit einem Kübel auf die Couch gelegt, da das vor der Kloschüssel so unbequem war. Irgendwann am Abend hab ich dann auch zittern und krampfen und erbrechen angefangen. Es sind keine Tabletten mehr hochgekommen, aber ein bisschen Nahrung und viel Magensäure. So ging es die ganze Nacht durch. Ich zitterte, krampfte, mir war heiß und dann wieder eiskalt und ich hab mir regelrecht die Seele aus dem Leib gekotzt. Ich sah dann auch so elend aus wie ich mich davor psychisch bereits gefühlt hatte.

Als morgens mein Mann vom Nachtdienst nach Hause kam, war er total erschrocken wie schlecht ich ausgesehen hab. Ich war komplett gelb im Gesicht. Man hat das Leberversagen bereits bemerkt und dass es ab da ein Wettlauf mit der Zeit ist hat er schnell kapiert und den Notruf getätigt.

Ich war zu dem Zeitpunkt schon so fix und fertig dass mir alles egal war, so lange ich nicht mehr kotzen musste. In der Klinik waren sie erst mal erstaunt über die hohe Dosis und noch bevor ich das Gegengift angehängt bekommen hatte, kam der Leberspezialist und klärte mich über eine Lebertransplantation auf. Denn bei der Dosis kann leicht sein, dass die Leber eingeht und ich dann akutes Leberversagen habe. Logischerweise habe ich eine Lebertransplantation abgelehnt.

Mit dieser Info haben sie mich weiter auf die Intensivstation verlegt. Erst dort habe ich zum ersten mal Paspertin gegen die Übelkeit bekommen. Dort gab es dann auch recht bald noch mal ein Gespräch mit der Ärztin und dem diensthabenden Psychiater. Weil sie vom Schlimmsten ausgegangen sind haben sie auch auf einen Streich alle Medikamente, die ich regelmäßig nehmen muss abgesetzt. Eine sehr kritische Entscheidung, das ich eh schon mies drauf war und dann noch einen Antidepressiva-, Neuroleptika und Benzodiazepin-Entzug machen musste. Alles Medikamente die man niemals aprupt absetzen sollte, sondern langsam ausschleichen muss.

Tja, so sieht es derzeit aus.

Ich bin nicht froh, gerettet worden zu sein. Ich wollte ganz klar sterben. Ich war allerdings froh als ich endlich was gegen die Übelkeit bekommen habe.

 

Ich erzähle das so offen, weil ich anderen Betroffenen zeigen möchte, dass sie nicht alleine sind. Zudem hoffe ich, die Leute auf das Thema zu sensibilisieren, mal etwas genauer hinzusehen. Falls jemand Fragen hat, dann darf er diese gerne stellen.


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